"Lachen Sie ruhig! Und tun sie so, als hätten Sie damit nichts zu tun."

Marco R., Boulevard-Journalist

 

Die Debatten

"Seite Eins" hat Debatten über Wirken und Macht von Medien ausgelöst. Das von der Bundeszentrale für politische Bildung unterstütze Medien-Debattenportal vocer.com hat ein eigenes Dossier rund um die Themen des Monologs veröffentlicht. Das Online-Medienmagazin Meedia.de und das NDR-Medienmagazin Zapp begleiteten die Uraufführung des Stücks. Zapp fragte „Mit welchen Methoden arbeiten die Journalisten, die (…) für beispielsweise die 'Bild' arbeiten?“. Das Nachrichtenmagazin Krautreporter.de erklärte seinen Lesern, "Seite Eins" zeige die Innenansicht des Mediengeschäfts mit Menschen als publizistische Ware ("fiktiv natürlich – und bedrückend realistisch") und veröffentlichte das Originalbuch mit Anmerkungen des Autors Johannes Kram, Leserkommentaren sowie einer Kritik des Stücks von Hans Hütt, in der dieser forderte, "die Journalistenschulen zwischen Hamburg und München sollten den Besuch des Stücks zum Pflichtprogramm in der Bewerbungsphase machen". 

Immer wieder wird "Seite Eins" mit anschließenden Diskussionsrunden veranstaltet, so auch als Abschluss des taz-Kongresses 2015 im Berliner Haus der Kulturen der Welt, als u.a. Bettina Gaus und der damalige taz-Chefredakteur Andreas Rüttenauer anlässlich des Stückes über Medien debattierten. Auch viele Medien selbst (u.a. Tagesspiegel, Berliner Morgenpost, Hamburger Abendblatt, taz, und sogar BILD Köln) nutzen das Stück für eine kritische Betrachtung ihrer Branche. Die wichtigsten Beiträge sind hier zusammengefasst.

Im Juli 2016 gab es in Itzehoe erstmals eine Inszenierung, die sich ganz an Jugendliche richtet. Eine weitere Inszenierung, die sich insbesondere den medienpädagogischen Aspekten widmet, ist in Arbeit. 

Der Inhalt

(via Felix Bloch Erben / Verlag für Bühne Film und Funk)

Marco ist Journalist. Boulevardjournalist aus ganzer Überzeugung. Tratsch und Klatsch sind überall, sie haben es vom Frisörsalon bis in die "seriöse" Presse gebracht. Die voyeuristischen Stimmen begleiten und verfolgen Menschen durch Affären und Krisen, an deren Ende sie entweder schnelle Popularität erlangen oder daran zugrunde gehen. Marco liebt diese Macht und verehrt sein Metier als Kunst. „Zuckerbrot und Peitsche“, das ist seine Maxime. Auf der ständigen Jagd nach einer gut verkäuflichen Story lernt er Lea kennen. Sie hat gerade ihre erste CD rausgebracht und ist noch ein echter Frischling im Business. Marco wittert mit seinem untrüglichen Instinkt sofort die perfekte Beute. Er stellt Lea eine Titelstory und damit den großen Durchbruch in Aussicht. Lea sind Boulevard-Medien zwar suspekt, sie lässt sich aber von den scheinheiligen Versprechungen des skrupellosen Journalisten einlullen. Er bringt die Story, wenn auch etwas anders als besprochen. In seiner aus Halbwahrheiten zusammenphantasierten Version wird Lea von einer ernstzunehmenden Künstlerin zum Promiluder, das sich als Imagepolitur den Erben einer Unternehmerdynastie geangelt hat. Das schlägt ein, allerdings auch für Marco etwas anders als erwartet. Einen kurzen Moment steht er selbst mit dem Rücken zur Wand. Doch dann schafft er es, Lea durch eine kleine, perfide Erpressung in die Enge zu treiben. Er bringt sie zur nächsten Entblößung und macht sie damit endgültig zum Freiwild im Blitzlichtgewitter.

Johannes Krams Seite Eins ist ein gleichermaßen unterhaltsames wie bitterböses Stück, das die zum Teil verantwortungslose Maschinerie moderner Massenmedien entlarvt. Ein Angebot, hinter die Kulissen zu schauen, die eigene Haltung gegenüber Medien zu reflektieren. Wo hört investigativer Journalismus auf und wo fängt menschenunwürdige, respektlose Berichterstattung an? Und welche Rolle spielt dabei die eigene Lust am Voyeurismus?

Der Autor

Johannes Kram ist Autor, Blogger, Marketingstratege und Medienkritiker. Sein Nollendorfblog („Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber) erhielt 2016 eine Nominierung für den Grimme Online Award. 

Er ist Initiator des „Waldschlösschen-Appells“ gegen Homophobie in den Medien und Kolumnist beim medien- (und vor allem auch BILD-) kritischen Watchblog BILDblog, wo er die Rolle von Minderheiten in der Berichterstattung hinterfragt. Kram und war Co-Herausgeber des Hamburger Medienthinktanks VOCER für Journalismus- und Medienkritik. Seine Medienarbeit rund um den Eurovisions-Auftritt von Guildo Horn 1998 wurde als eine der besten PR-Kampagnen der 90er bezeichnet.
Kram hat als Texter, Veranstalter und Produzent vielfältige Musikprojekte realisiert. Als Bühnenautor versucht er, gesellschaftlich relevante Geschichten zu erzählen und dabei die Möglichkeiten völlig unterschiedlichster Formate auszuloten. So wirkt seine Boulevard-Komödie „Homestory“ fast wie ein formales Gegenstück zum Bühnenmonolog von „Seite Eins“. Kram ist Headautor des 2016 zum 400 sten Todestag des Dichters erscheinen arte-Spielfilms „Shakespeares letzte Runde“ mit Iris Berben und Rainer Schöne. Zusammen mit dem Malediva-Komponisten Florian Ludewig entwickelt er aktuell die „Operette für zwei schwule Tenöre“, die im Schwulen Museum* Berlin im März 2017 in einer konzertanten Version uraufgeführt wurde.

Website von Johannes Kram, Informationen, Interviews: www.onlinekram.com

 

Informationen zur Erstinszenierung: "Seite Eins" mit Ingolf Lück  

Ingolf Lück wurde 2014 mit dem Ehrenpreis des Deutschen Comedypreises ausgezeichnet. Köln Comedy Geschäftsführer Ralf Günther begründet das mit dessen "einzigartiger Vielseitigkeit" und verwies auf seine TV-Karriere, seine Sologrogramme, Theatertourneen und und das"medienkritische Einpersonen-Stück 'Seite Eins', das im September 2014 uraufgeführt wurde. 

Seine TV-Karriere hatte Lück in den 80ern in der Musikshow "Formel Eins" begonnen, seine bekannteste Rolle war später die des Anchorman in der "Wochenshow" in Sat.1. In den letzten Jahren war Lück mehrfach mit Soloprogrammen auf Tournee, aktuell mit "Ach, Lück mich doch!". 

Ralf Günther: "Ingolf Lück überzeugt seit fast 40 Jahren in Deutschland durch seine einzigartige Vielseitigkeit: sei es als Komiker in unendlich vielen Sketchen, als Solokünstler in seinen eigenen Comedyprogrammen, als Schauspieler in Film- und TV-Movies, Musicals, Kinder- und Rocktheaterproduktionen, als Synchronsprecher in Blockbustern, als Regisseur von äußerst erfolgreichen Theaterstücken, und nicht zuletzt als Moderator unzähliger Radio- und TV-Sendungen - darunter auch die innovativen und bahnbrechenden TV-Shows 'Formel 1' und 'Die Wochenshow' -, überall überzeugt und begeistert Ingolf Lück durch seine Liebe zum Detail, seinen bedingungslosen Einsatz, Professionalität, unbändige Neugier und visionäre Kraft. Wir freuen uns auf viele weitere kreative Highlights dieses Ausnahmekünstlers!"

In den vergangenen Jahren haben bereits Tom Gerhardt, Gaby Köster, Hella von Sinnen, Herbert Feuerstein, Mike Krüger, Hugo Egon Balder, Loriot, Jürgen von der Lippe, Helge Schneider, Emil Steinberger, Dieter Hallervorden, Otto Waalkes, Rudi Carrell, Jochen Busse und Karl Dall den Ehrenpreis erhalten. 

Christian Schäfer, geboren 1975 in Müllheim/Baden, ist seit 2013 Künstlerischer Leiter am Theater Gütersloh. Von 2007 bis 2013 war er Intendant am Zimmertheater Tübingen. Zu den bislang etwa 30 Inszenierungen von Christian Schäfer zählen zahlreiche Uraufführungen sowie deutsche und österreichische Erstaufführungen, darunter auch zwei seiner eigenen Stücke; „Fear Factory“ und „Paradise Lost“, die er in Augsburg realisierte. Mehrfach inszenierte er darüber hinaus für die Ruhrfestspiele Recklinghausen. Einige seiner Arbeiten erhielten Festivaleinladungen, u.a. zum „Open Ohr Festival“ Mainz und zum „Heidelberger Stückemarkt“.

Produktion des Theater Gütersloh ermöglicht durch Theater in Gütersloh e.V.

 

 

 

Team:

(Die Angaben beziehen sich nur auf die Erstinszenierung mit Ingolf Lück)

Regie / künstlerische Leitung / Redaktion Christian Schäfer

Künstlerische Leitung Karin Sporer
Regieassistenz / Redaktion Josefine Willig
Video Bauherr Medientechnik
Technik Florian Schimsky
Technische Leitung Bernhard Brinkert, Daniel Frieling
Fotos Volker Zimmermann
Marco Ingolf Lück
Aufführungsdauer 1 Std 40 Min – eine Pause
Premiere 05.09.2014, Theater Gütersloh